Ein Welt-Mädchentag im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln

von hkeller49

von Niels Fischer

„Mein Traum: Sauberes Wasser, Schule gehen und Job finden!“ – Junge Frauen aus Togo und Mexiko berichten über die Lebensumstände in ihren Heimatländern

Petra mit Malu und Laure

Petra mit Malu und Laure

Am Nachmittag moderiert Petra Wagner, Plan Patin aus Lohmar, das Gespräch auf dem Podium. Ihre erste Gesprächspartnerin ist Malu, 16 Jahre alt, aus Mexiko. Sie war Austauschschülerin in Deutschland und besucht eine deutsche Schule in Mexiko. „Ich kann in Mexiko nicht Busfahren! Alle Frauen werden dort angegrappscht.“ Sie ist stolz, Mexikanerin zu sein, aber die Männer dominieren. „Frauen kennen ihre Rechte nicht, Frauen haben keine Stimme. Sie sind Opfer von Gewalt und werden oft nur als Objekte betrachtet“.

Anschließend berichtet Laure, 33 Jahre alt, aus Togo. Sie lebt seit 12 Jahren in Deutschland, aber ein Teil der Familie lebt noch in Togo. „Schon ab dem 4. Lebensjahr merken Mädchen, dass sie mehr leisten müssen als Jungen, z.B. wenn sie frühmorgens mit der Mutter Wasser holen müssen, während die Jungen ausschlafen dürfen.“ Mädchen besuchen oft keine Schule, jedenfalls seltener als Jungen. Ab dem 10. Lebensjahr werden viele Mädchen von ihren Eltern als Dienstmädchen für einen Hungerlohn unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen „vermietet“. Viele junge Frauen müssen sich aus Not prostituieren. HIV/AIDS, Hepatitis und andere sexuell übertragbare Infektionen breiten sich aus. Risiken sind oft nicht bekannt oder werden aus der Not heraus bewusst ignoriert. In der allgemeinen Not wird eine frühe Heirat oft als Ausweg aus dem Elend betrachtet. „Mein Traum wäre es, wenn nur 30 Kinder sauberes Wasser trinken, zur Schule gehen und einen Job finden könnten und sich dann nicht prostituieren müssten – dann könnte ich ruhig schlafen!“

In der anschließenden Diskussion werden Themen wie Hunger, Korruption, Verteilung von Ressourcen und die hochaktuelle Flüchtlingsproblematik von den Kölner Plan Patinnen und Paten angesprochen. Eines bewegt die Teilnehmer: „Macht es überhaupt Sinn zu helfen?“ Übereinstimmender Tenor: Ja, es macht Sinn! Aber Wunder sind nicht zu erwarten. Kleine Brötchen backen! Der Fortschritt ist eben oft mühsam und kleinschrittig und hat auch in Europa Jahrhunderte bis zu unserem jetzigen Lebensstandard gebraucht. Ingrid Hack, SPD MdL, äußert sich dazu: „Die Gleichstellung von Frauen musste auch bei uns in Europa über Jahrhunderte mühsam erkämpft werden.“ Fazit der Veranstaltung: Ein soziales Jahr im Ausland oder die Übernahme einer Patenschaft bei Plan schaffen kleine, aber bedeutende Veränderungen im Leben der Menschen weltweit, insbesondere der Mädchen.

 

Plan Patinnen und Paten interessieren sich für die Plan Arbeit in Köln

Die Sprecherin der Kölner Plan Aktionsgruppe, Veronika Keller-Lauscher, dankt in der anschließenden  Kölner Plan Paten Runde allen Plan Patinnen und Paten und ehrt besonders 3 Mitglieder der Kölner Plan AG für ihr Engagement: Petra Wagner für die Organisation des heutigen Podiumsgesprächs und ihre Arbeit für Plan bei der Künstler-Initiative LohmArtHella Haubenreiser für ihre Arbeit bei der Betreuung von Schülern und Schulen durch Plan; Brunhilde Braese für die sehr arbeitsintensive Vorbereitung und Organisation der heutigen Tombola.

Brunhilde und die Tombola

Brunhilde und die Tombola

Nach dem Film zur Geburtenregistrierung begrüßt Veronika Keller-Lauscher den ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden von Plan Deutschland e.V., Herrn Dr. Werner Bauch. Dr. Bauch betont noch einmal die Wichtigkeit der Geburtenregistrierung zur Wahrnehmung von Bürgerrechten, zum Erhalt von Leistungen und zur Verhinderung von Ausbeutung, Missbrauch, Menschenhandel und Kinderheirat. Die Geburt von jährlich 50 Mio. Kindern wird nicht amtlich festgehalten. Durch verschiedene Kampagnen von Plan konnte in den letzten 5 Jahren die Geburt von 35 Mio. Kindern registriert werden. Oft wird Gruppen wie Mädchen, ethnischen oder anderen Minderheiten die Geburtenregistrierung aus traditionellen oder politischen Gründen erschwert. Plan übt international direkt in den Empfängerländern großen politischen Druck aus. Plan International versucht, die Optimierung der Geburtenregistrierung als eine Bedingung für die Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe zu etablieren.

Herr Dr. Bauch erklärt anschließend auch anschaulich die praktische Arbeit von Plan. 8000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter arbeiten weltweit für Plan. Die Zusammenarbeit mit örtlichen Nicht-Regierungsorganisationen steht im Vordergrund. Plan will erreichen, dass vor Ort personell und organisatorisch Bedingungen entstehen, die die Lebensverhältnisse der Menschen und insbesondere der Mädchen verbessern („Capacity Building“). Bildung ist dabei ein Kernanliegen von Plan International.

Plan hat mit der Kampagne „Because I am a Girl“ erfolgreich einen weltweiten Aktionstag für Mädchen gefordert. Die Vereinten Nationen haben daraufhin den 11. Oktober zum Welt-Mädchentag ausgerufen. Um dies auch optisch sichtbar zu machen, werden viele Gebäude in der Welt an diesem Tag, so auch in Deutschland „pinkifiziert“ (d.h. in der Farbe pink angestrahlt).

Im abschließenden Gespräch mit Herrn Dr. Bauch berichten die Patinnen und Paten von Lust und Frust bei der Korrespondenz mit ihren Patenkindern.

Podiumsgespräch Rebecca Lolosoli (Gründerin des ersten Frauendorfes Afrikas), Birgit Virnich (Co-Autorin des Buches „Mama Mutig“), Elfi Scho-Antwerpes (Bürgermeisterin in Köln) unter der Moderation von Babs Mück (Netzwerk Eine-Welt Stadt Köln)

Die Abendveranstaltung wird eingeleitet mit einem kurzen Statement von Susanne Zimmermann, evangelische Pastorin in Köln und Sprecherin der Plan-Stiftung Sorores Mundi. Sie sagt, sie habe bei Plan von Anfang an die Parteilichkeit für die Rechte von Mädchen geschätzt und freue sich, jetzt diese Arbeit durch die Kölner Sorores Mundi Stiftung zu unterstützen, z.B. durch den Bau eines Mädchenwohnheimes in Sambia.

Das Podium

Das Podium

Nach dem Film über ihr Frauendorf berichtet die Kenianerin Rebecca Lolosoli (genannt „Mama Mutig“) nun aus ihrem Leben: 1990 wurde das Dorf Umoja von 15 Frauen gegründet. Sie alle waren aus ihren Dörfern oder von ihren Männern vertrieben worden. So wurde eine Frau z.B. nach einer Vergewaltigung durch einen britischen Soldaten von ihrem  Ehemann verstoßen. Andere Frauen entflohen dem Missbrauch durch ihre Ehemänner, der anstehenden Genitalverstümmelung, der Frühverheiratung oder schlicht aus Armut und Verzweiflung. Im Dorf müssen alle Frauen mit anpacken, auch die jungen Frauen. Alles wird gemeinsam entschieden. Die Frauen übernehmen auch Tätigkeiten, die traditionell den Männern vorbehalten sind wie z.B. das Schlachten der Tiere und die geschäftlichen Belange. Traditionen werden trotzdem hochgehalten, wenn sie die Gemeinschaft weiterbringen und zu ihrem Erfolg beitragen (Schmuckproduktion nach altenMustern). Schädliche Traditionen wie die Genitalverstümmelung werden verworfen und durch Aufklärung auch in den Nachbardörfern bekämpft. Die Männer in den Nachbardörfern betrachten diese „Weiberwirtschaft“ oft mit großer Skepsis, können sich dem Erfolg der Frauen aber auch nicht entziehen, z.B. wenn die Frauen einkaufen gehen, wobei sie bestellte Ware pünktlich abholen und alles direkt bezahlen. Es kommt sogar gelegentlich vor, dass sich die Frauen Männer aus den Nachbardörfern einladen, um sie gegen Geld traditionelle Tänze aufführen zu lassen. Bildung wird im Frauendorf groß geschrieben. Einen Kindergarten gibt es schon, eine Schule befindet sich im Aufbau. Hier lernen Jungen und Mädchen gemeinsam. Für den Aufbau der Schule sparen die Frauen im Dorf auch schon mal am Essen.

Rebecca Lolosoli mit Veronika u. Helmut von der Plan AG Köln

Rebecca Lolosoli mit Veronika u. Helmut von der Plan AG Köln

Rebecca Lolosoli spricht schließlich über ihre Biografie, über ihren Vater, der sie als bedeutender Chief schon früh zu einer selbstbewussten Frau und einer Führungspersönlichkeit erzog. Auch ihre Mutter hielt sie früh zu sozialer Verantwortung gegenüber schlechter gestellten Menschen im Dorf an und lebte dies auch vor. Rebecca berichtet dann von den 30 Nachbardörfern, die ein Netzwerk gebildet haben, um die Menschen über die Risiken weiblicher Genitalverstümmelung und über HIV/AIDS zu informieren. Sie betont aber, dass bei allen Schwierigkeiten und Widrigkeiten, die die Frauen erlebt haben und noch erleben, Lachen, Tanzen, Musizieren und Singen im Alltag sehr wichtig seien und einen festen Platz in der Gemeinschaft der Frauen hätten.

Birgit Virnich berichtet über ihre Begegnung mit Rebecca Lolosoli und davon, wie inspirierend sie es als Mensch und Journalistin fand, eine so positive und ermutigende „Geschichte“ mitten in Afrika anzutreffen.

Elfi Scho-Antwerpes äußert ihre Bewunderung für Rebecca und erklärt wie tief sie deren Arbeit beeindruckt habe. Sie schlägt auch den Bogen zu der Situation von Flüchtlingen in Köln. Am selben Tag hat sie die neue Flüchtlingsunterkunft der Stadt Köln in der Herkulesstraße besucht.

Zum Ausklang des Abends: Nessi Tausendschön.

Nessi Tausendschön

Nessi Tausendschön

Sie verdichtet die Welt von Männern und Frauen unnachahmlich zu Kabarett und Comedy, Musik und großem Theater. Ein überaus gelungener Abschluss des Welt-Mädchentages im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum!

Unsere Plan Frauen in Aktion

Unsere Plan Frauen in Aktion

 

 

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